Betroffenheit machte sich am 7. Februar 2016 breit, nachdem ein Randalierer eines der bedeutendsten Kunstwerke an einem der meistbeachteten Orte auf dem Campus unter massiver Gewalteinwirkung vom Sockel gestoßen hatte. Noch am Folgetag wurde Rodins »Eva« in die Hände von Experten übergeben, die die augenscheinlichen Schäden an Schulter, Arm und Sockel in den Folgemonaten eingehend begutachteten. Die jüngste Bilanz der durch den Gewaltakt verursachten Schädigungen fällt bedauerlicherweise höher als erwartet aus: »Die Plastik erlitt nicht nur starke äußere Beschädigungen an den Stellen, an denen der Aufschlag erfolgte, die Untersuchungen förderten zutage, dass sich die Bronzestatue in mehreren Achsen stark verschoben hat«, berichtet Dr. Christiane Wolf, Leiterin des Archivs der Moderne der Bauhaus-Universität Weimar, die mit der Betreuung der Restaurierungsarbeiten beauftragt wurde.
Nachdem die Finanzierung der Restaurierung Ende des letzten Jahres durch großzügige Spender gesichert werden konnte, wurde durch eine öffentliche Ausschreibung im April ein Restauratoren-Team gefunden, das mit der Ausführung der Restaurierungs-, Konservierungs- und Sicherheitsmaßnahmen betraut ist. Laut Wolf sei man zuversichtlich, dass die Restaurierungsarbeiten noch bis zum Jahresende abgeschlossen werden können, sodass die ›Eva‹ pünktlich zum Bauhaus-Jubiläum im Jahr 2019 an ihren Platz zurückkehren könne. »Ich freue mich sehr, dass nun ein Ende der Zeit ohne ›Eva‹ in unserem Hauptgebäude absehbar ist«, so Prof. Dr. Winfried Speitkamp, Präsident der Bauhaus-Universität Weimar. »Besonders dankbar bin ich, dass sich so viele Mitglieder und Alumni der Universität für die Wiederherstellung engagiert haben. Mein herzlicher Dank gilt den großzügigen Spendern, die die zügige Aufnahme der Restaurationsarbeiten ermöglicht haben.«
Restaurierung mithilfe eines modernen 3D-Verfahrens
Den starken Beschädigungen der Plastik wollen die Restauratoren mit einem modernen 3D-Verfahren begegnen, welches sich bereits in Projekten des Weimarer Archivs bewährt hat. Die Methode sieht vor, die beschädigte Weimarer Bronzestaue sowie einen Abguss einer im Städel Museum Frankfurt befindlichen unbeschädigten »Eva« in ein digitales 3D-Modell zu überführen, um diese anschließend miteinander zu vergleichen. Die digitale Visualisierung macht selbst kleine Verformungen und Veränderungen durch den Sturz der Bronzestaue sichtbar und ermöglicht den Restauratoren so, den Grad der anschließend geplanten Rückformung zu ermitteln. Bereits im Mai wurde im Städel Museum die Vermessung der sich im dortigen Bestand befindlichen »Eva« vorgenommen. »Die Visualisierung der beiden Plastiken erfolgte mittels Photogrammetrie. Im Gegensatz zum alternativen Scanverfahren werden dabei Fotos der Plastik aus verschiedenen Perspektiven angefertigt, die dann im Computer zu einem dreidimensionalen Modell zusammengefügt werden«, erläutert Wolf das aufwendige Vorgehen. Dank der guten Zusammenarbeit mit den Frankfurter Kolleginnen und Kollegen hätten die Restauratoren ihre Arbeit an dem Abguss innerhalb von wenigen Tagen reibungslos abschließen können. Mithilfe der angefertigten Fotografien bereiteten die Restauratoren die Modelle nun für die Vergleichsanalyse vor.
Die anschließende mechanische Kaltausziehung der Plastik werde wohl einen längeren Zeitabschnitt in Anspruch nehmen und sei vor allem deshalb problematisch, da die Bronze nur allmählich und sehr langsam wieder in Form zu bringen sei. »Wir hoffen, dass die Rückformung ohne große Schwierigkeiten verläuft. Um Neuschäden zu verhindern, müssten wir die Rückformung abbrechen, sollten durch die Umformung neue Risse in der Bronze entstehen«, so Wolf. Nach der Rekonstruktion des rechten Oberarms, der bei dem Aufprall stark deformiert worden war, stünden dann vor allem kleinere Arbeiten an der Oberfläche der Bronzeplastik an. Dazu zählten unter anderem die Reinigung des Materials und die Farbretusche von Ergänzungen und Fehlstellen.
Neues Sicherheitskonzept soll »Eva« zukünftig vor Vandalismus schützen
Damit die wertvolle Bronzestatue nach der Rückkehr an ihren angestammten Platz nicht erneut zum Opfer mutwilliger Gewalt werden kann, wurde in Zusammenarbeit mit den Restauratoren zudem ein neues Sicherheitskonzept entwickelt. Dieses sieht neben der Installation neuer Kameras und einer Alarmsicherung vor, die Plastik mit einer nicht sichtbaren Spezialmechanik am Sockel fest zu verankern, um sie vor einem erneuten Sturz zu schützen.